11/02/2022

Naturparadiese ohne Jagd – Teil 1: Schweizer Nationalpark

Der Schweizer Nationalpark mit einer Ausdehnung von über 170 km2 befindet sich im Kanton Graubünden in der östlichsten Ecke der Schweiz direkt an der Grenze zu Italien. Er ist der älteste Nationalpark Mitteleuropas. Von Anfang an war hier die Jagd verboten – die Natur sollte sich ohne Engriffe des Menschen frei entwickeln können. Dieses bemerkenswerte Experiment wird seit über hundert Jahren wissenschaftlich begleitet und dokumentiert. So wird zum Beispiel wissenschaftlich untersucht, warum die Zahl der Tiere, wie z.B. der Gämsen trotz Jagdverbot nicht ansteigt. So paradox es klingen mag: In Deutschland wird auch in Naturschutzgebieten und sogar in Nationalparks Jagd auf Tiere gemacht. So genannte Jagdruhezonen gibt es nur in den Kernbereichen. Und das, obwohl in den Gebieten, in denen die Jagd eingestellt wurde, die Erfahrungen überall die gleichen sind: Die Tiere verlieren die Scheu, Natur und Tierpopulationen regulieren sich selbst. Aber es gibt Hoffnung: Die Tiere im Nationalpark Schwarzwald zum Beispiel haben seit dem 1. August 2019 eine jagdfreie Ruhezone von 3.000 Hektar Fläche – das ist ungefähr ein Drittel des Nationalpark-Gebietes. In den nächsten Jahren soll die jagdfreie Ruhezone auf rund drei Viertel der Nationalparkfläche ausgedehnt werden. Andere Nationalparks in Mitteleuropa beweisen schon lange, dass es auch ohne Jagd geht. Nicht nur im Schweizerischen Nationalpark, dem ältesten Nationalpark Mitteleuropas, wird seit seiner Gründung im Jahr 1914 nicht gejagt. Auch viele andere Nationalparks sind bereits seit Jahrzehnten jagdfrei. Im Gran Paradiso zum Beispiel, dem ältesten Nationalpark Italiens, herrscht ebenfalls seit seiner Gründung 1922 ein Jagdverbot. »Wir mussten nie die Populationen der Tiere irgendwie verringern«, sagt Bruno Bassano, Leiter des Gesundheits- und Wissenschaftsdienstes des Nationalparks. Die Tierpopulationen regulieren sich selbst. Er ist überzeugt: »Die Umwelt würde sich selbst optimal erhalten mit einem inneren Regelungsmechanismus, ohne dass der Mensch schießt.« Auch im Nationalpark der Abruzzen, gegründet 1923, gilt ein strenges Jagdverbot. 1990 wurde der Nationalpark Belluno in den Dolomiten gegründet, er ist von Anfang an jagdfrei. In Frankreich gibt es ebenfalls einige große jagdfreie Gebiete: Im Nationalpark Écrins ist der ganze Kernbereich von 918.000 Hektar jagdfrei, im Nationalpark Pyrenäen sind auf 45.700 Hektar jegliche Eingriffe verboten. Dies zeigt eindrücklich, dass Deutschland der positiven Entwicklung der jagdfreien Nationalparks leider weit hinterher hinkt. Es ist zu hoffen, dass bald auch in Deutschland mutige und beherzte Tierfreunde es schaffen, dass in deutschen Nationalparks in Zukunft immer weniger die Flinten der Jäger das Sagen haben, sondern das Gebot “Du sollst nicht töten!” endlich auch auf die Tiere angewendet wird.

(Eine Fortsetzung dieser Serie ist für den Moment zurückgestellt)

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